Kosovo-Bischof: Erneuter Krieg wäre Schande für die ganze Region

Pristina (KNA)

9.November
Prizren Kosovo - Blick auf die Stadt

Der kosovarische Bischof Dode Gjergji ruft die Politiker der Region zum Dialog auf. Eine Versöhnung und friedliches Zusammenleben im jüngsten Land Europas seien möglich, betonte der Leiter des Bistums Prizren-Pristina im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Daran müsse man arbeiten.

2008 hatte der Kosovo seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Während die verschiedenen Ethnien des Landes kein Problem mit der neuen politischen Realität hätten, würden die Spannungen von politischer Seite weiter vorangetrieben, erklärte Gjergji. Die Menschen vor Ort, Serben wie Albaner, seien bereit, zusammenzuleben und eine Zukunft aufzubauen. Nach wie vor betrachtet die Regierung in Belgrad den Kosovo als serbisches Territorium. Die friedliche Beilegung des Streits gilt als eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Beitritt der beiden Staaten zur Europäischen Union (EU).

Laut Gjergji gebe es aber vor allem von serbischer Seite Aufholbedarf; betroffen sei neben der Politik auch die Kirche: „Leider ist es schwer, die orthodoxe Kirche zu überzeugen, den Kosovo als neue Realität zu akzeptieren und an der Versöhnung mitzuwirken.“ Es sei schade, dass man mit den orthodoxen Mitbrüdern noch nicht mit einer gemeinsamen Stimme für Frieden, Versöhnung und ein Zusammenleben sprechen könne, so der katholische Geistliche. Zuletzt war es trotz Vermittlungen der EU erneut zu Spannungen zwischen dem Kosovo und Serbien gekommen. Im September lieferten sich serbische Extremisten in der kosovarischen Stadt Banjska ein stundenlanges Gefecht mit Sicherheitskräften. Ein Polizist und drei Angreifer wurden getötet. „Es war eine schlimme Situation für uns alle - denn wir wollen keinen neuen Krieg“, betont Gjergji. Ein erneuter Militärkonflikt wäre nach seinen Worten „nicht nur eine große Schande für den Nordkosovo oder Serbien, sondern für uns alle, für die ganze Region“.

Faktencheck zum Kosovo:
KNA

Die Republik Kosovo liegt im westlichen Teil der Balkanhalbinsel und hat etwa 1,9 Millionen Einwohner. Die Hauptstadt ist Pristina mit offiziell mindestens 162.000 Bewohnern. Ein bewaffneter Aufstand der kosovo-albanischen Miliz UCK, deren Ziel eine staatliche Unabhängigkeit war, führte in der damals noch zu Jugoslawien gehörende Region zu einer Nato-Intervention mit Luftangriffen auf Serbien.

Von 1999 bis 2008 hatte die UN-Mission für die Übergangsverwaltung im Kosovo (UNMIK) das Sagen. 2008 erklärte sich Kosovo mit Zustimmung des Westens für unabhängig. Heute erkennen 111 der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen das Land als eigenständig an. Nicht dazu zählen Serbien, Griechenland, Spanien, Rumänien, Zypern und die Slowakei. Offiziell hat sich auch der Vatikan bislang nicht geäußert.

Die Arbeitslosigkeit des Landes beträgt Schätzungen zufolge rund 40 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit etwa 55 Prozent. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung liegt bei 28,7 Jahren. Zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen zählen die Land- und Bauwirtschaft sowie der Bergbau. Große Bedeutung haben auch der Tourismus und der Geldtransfer der in Mitteleuropa lebenden Diaspora. Die Mehrheit des Landes ist muslimisch geprägt, wobei die meisten Menschen sunnitischen Glaubensrichtungen angehören. Rund drei Prozent sind katholisch und etwa vier Prozent serbisch-orthodox.

Die Bevölkerung setzt sich aus rund 91 Prozent Albanern und 4 Prozent Serben zusammen. Sie leben überwiegend im Norden des Landes, wo es immer wieder zu Spannungen zwischen den beiden Gruppen kommt. Hinzu kommen Minderheiten wie Roma, Aschkali, Balkan-Ägypter, Bosniaken, Türken und Goranen.

Amts- und Muttersprache (der meisten Bürger) ist Albanisch; in einzelnen Teilen wie Prizren und Mamusha wird auch Türkisch gesprochen. Durch hohe Arbeitsmigration ist Deutsch ähnlich weit verbreitet wie Englisch.

Seit der Parlamentswahl im Februar 2021 wird die Republik von Ministerpräsident Albin Kurti und seiner Partei Vetevendosje (Selbstbestimmung) zusammen mit der konservativen Demokratischen Liga des Kosovo (LDK) regiert. Der frühere politische Häftling gilt als ein politischer Hoffnungsträger und verspricht, sich während seiner Amtszeit gegen die landesweit grassierende Korruption einzusetzen.

Im Dezember 2022 hat Kosovo seinen EU-Beitrittsantrag eingereicht. Der Prozess könnte sich über Jahrzehnte ziehen; die Erteilung des Kandidatenstatus ist noch nicht erfolgt. Beschlossen ist hingegen Visa-Freiheit für Kosovaren. Eine Einreise in die EU soll voraussichtlich ab Ende 2024 zweimal pro Jahr für bis zu 90 Tage möglich werden.

 

News der Katholischen Nachrichten-Agentur

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