35. Jahrestag des Mauerfalls mit Akzentverschiebungen - Friedliche Revolution 1989- bedrohte Freiheit heute
In Berlin erinnern verschiedene Veranstaltungen an den Fall der Mauer vor 35 Jahren. Dabei spielen auch die Ängste und Probleme der Gegenwart eine Rolle.
Von Stefan Meetschen (KNA)
Am 9. November vor 35 Jahren fiel die Berliner Mauer. Die Bilder von damals sind bis heute im kollektiven Gedächtnis. Zum Jubiläum ist in der Hauptstadt am Freitag und Samstag dort, wo einst die Mauer stand, eine etwa vier Kilometer lange Open-Air-Installation mit alten und neuen Schildern und Transparenten rund um das Thema friedliche Revolution zu sehen. Motto: Haltet die Freiheit hoch!
Damit wollen die Veranstalter nach eigenem Bekunden die zentralen Werte der friedlichen Revolution- Freiheit, Demokratie und Menschenrechte- mit dem aktuellen Anliegen der Erhaltung dieser Werte verknüpfen.
Eine deutliche Akzentverschiebung gegenüber früheren Gedächtnisfeiern zum Mauerfall nimmt der Berliner Historiker Michael F. Feldkamp wahr. Er sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), früher hätten Fragen, wie es zu diesen folgenschweren Entwicklungen in der DDR kam, im Mittelpunkt gestanden: In diesem Jahr, 35 Jahre nach dem Zerfall der DDR, ziehen wir naturgemäß Bilanz. Dabei werde ein Auseinanderbrechen des gesellschaftlichen Zusammenhalts konstatiert und angesichts der Wahlergebnisse bei den jüngsten Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt- ganz im Schubladendenken verhaftet, so Feldkamp - dem Osten Deutschlands die Schuld dafür zugewiesen. Ein kritischer Blick ist sicherlich notwendig, aber wir müssen auch analysieren, wie es zu diesen Entwicklungen gekommen ist, die bei näherer Betrachtung sich dann genauso in den Ländern der 'alten Bundesrepublik' abzeichnen.
Laut einer aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur bezeichnet mehr als jeder Zweite den 9. November 1989 als den glücklichsten Tag der deutschen Geschichte. Wobei Ostdeutsche dies mit 50 Prozent etwas weniger als Westdeutsche mit 54 Prozent so sehen. Bei den Jüngeren unter 30 Jahren sind 64 Prozent dieser Ansicht. Gleichzeitig empfinden 31 Prozent der Befragten, dass die Leistungen und Erfahrungen ehemaliger DDR-Bürger heute ausreichend gewürdigt werden. Besonders stark ist dieses Gefühl im Osten Deutschlands aus geprägt, wo Dreiviertel der Befragten die Anerkennung als unzureichend empfinden.
Die Direktorin der Bundesstiftung, Anna Kaminsky, sieht hierin einen wichtigen Anlass zum Handeln: Der 35. Jahrestag des Mauerfalls sollte ein Anstoß sein, um den Mut der Ostdeutschen zu würdigen, die zum Sturz der Diktatur beigetragen haben.
Zugleich müssen die Anstrengungen und Leistungen nach 1990 gewürdigt werden; einer Zeit, die viele Jahre von sozialer Unsicherheit geprägt war.