newsZeitzeugengespräch mit dem Holocaust-Überlebenden und Präsidenten der Allukrainischen Assoziation der Jüdischen KZ- und Ghettoüberlebenden Dr. Boris Zabarko in München

GKS-Kreis München, 14. Oktober 2022

Nach einer dem verantwortungsvollen Umgang mit der Corona-Pandemie geschuldeten „Pause“ konnte die Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) - Kreis München über Helga Maria König, die über ein Vierteljahrhundert die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der katholischen Verbände und Gemeinschaften in der Region München (ARGE) war (deren Ehrenvorsitzende sie seit 2022 nun ist) und insbesondere auch als „Brückenbauerin mit Herz“ in der bayerischen Landeshauptstadt bekannt ist, erstmalig den am 18. November 1935 in der Ukraine geborenen Holocaust-Überlebenden und Präsidenten der Allukrainischen Assoziation der Jüdischen KZ- und Ghettoüberlebenden, Dr. Boris Zabarko für ein Zeitzeugengespräch am 14.10.2022 im Auditorium Maximum „Hans Scholl“ der Ernst-von-Bergmann-Kaserne in München gewinnen.

 Hauptmann Stefan Nüßle, Vorsitzender GKS-Kreis München, bei der Begrüßung.

Gleich zu Beginn dankte die Gemeinschaft Dr. Boris Zabarko für dessen unermüdlichen Einsatz gegen das Vergessen und für seine daraus resultierende Bereitschaft, der Einladung zum dritten Zeitzeugengespräch des GKS-Kreises nach München zu folgen. Er, der als Kind dem Terror der Nationalsozialisten entkam, floh im Frühjahr 2022 wegen des Krieges in seiner Heimat mit seiner Tochter und seiner Enkelin aus Kiew und wohnt jetzt in Stuttgart, wodurch er in seinem Leben gleich zwei Mal erfahren hat, was es heißt, von Menschen hervorgerufenen Extremsituationen unbeschreiblichen Ausmaßes zu begegnen.

Wie auch bereits schon in den Vorjahren waren neben Angehörigen der Bundeswehr, für welche stellvertretend Generalstabsarzt Dr. Hans-Ulrich Holtherm (Kommandeur Sanitätsakademie der Bundeswehr), der es sich in dieser Eigenschaft nicht nehmen ließ, Dr. Boris Zabarko und die Anwesenden auf das Herzlichste zu begrüßen und auch noch einmal äußerst wertschätzend auf die immense Wichtigkeit eines solchen Zeitzeugengespräches hinzuweisen, Generalarzt Dr. Bernd Mattiesen (Direktor Wehrmedizinische Wissenschaft und Fähigkeitsentwicklung Sanitätsdienst und stellvertretender Kommandeur Sanitätsakademie der Bundeswehr), Oberst Knuth Jung und Oberstleutnant Ralf Wagner (Landeskommando Bayern) sowie Oberfeldapotheker Dr. Florian Plößl (Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr München) und Hauptmann Lothar Loth (Karrierecenter der Bundeswehr München) begrüßt wurden, auch wieder eine Vielzahl von „externen“ Gästen der Einladung zum Zeitzeugengespräch in die Ernst-von-Bergmann-Kaserne gefolgt, was wie immer absolut bereichernd war und wodurch die Gemeinschaft auch wieder dem Dreiklang aus „Begegnung, Besinnung und Bildung“ vollumfänglich gerecht werden konnte.

 Gruppenfoto am Ende der Veranstaltung.

Neben den vorgenannten „internen“ Gästen von den verschiedensten Dienststellen der Bundeswehr waren also auch (wieder) Schülerinnen aus dem städtischen Sophie-Scholl-Gymnasium München mit der Lehrerin Simone König, Schülerinnen und Schüler aus dem städtischen Willi-Graf-Gymnasium München mit der Lehrerin Katharina Bachmann und dem Lehrer Michael Hatala, Schülerinnen aus der städtischen Anne-Frank-Realschule mit dem Lehrer Florian Strohmeier sowie Mitglieder des Pfadfinderstammes Sankt Severin aus Garching mit dem Leiter Niklas Kemper unter den Gästen, durch deren Teilnahme auch noch einmal untermauert wurde, dass es für die Botschaft dieser Veranstaltung weder eine Zielgruppe nach soziodemografischen noch nach psychografischen Merkmalen gibt, da diese Botschaft ausnahmslos uns alle angeht!

Ferner waren auch wieder Vertreterinnen und Vertreter der verschiedensten Ausschüsse, Kirchengemeinden, Räte, Verbände, Organisationen und Zusammenschlüsse unter den Gästen, von der Evangelischen Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau mit dem Kirchenrat Dr. Björn Mensing (Pfarrer und Historiker), dem Erzbischöflichem Ordinariat München mit Monsignore Alexander Hoffmann, dem Pfarrverband Milbertshofen und dem Pfarrverband St. Katharina - Zu den heiligen 14 Nothelfern mit Pfarrer Rolf Merkle und dessen Seelsorgeteam, dem Katholischen Militärpfarramt Roth mit Militärpfarrer Iurii Kuliievych, dem Kirchenvorstand der Versöhnungskirche München mit Hubert Reiter, dem Bezirksausschuss 11 „Milbertshofen - Am Hart“ mit Dr. Nicole Riemer-Trepohl und Gabriele Tomsche, dem Presseclub München e. V. mit Daniel Fürg über die Gemeinschaft Katholischer Soldaten - Bereich Süd mit dem Vorsitzenden Oberleutnant Marcel Rost bis hin zum Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. - Bezirksverband München (Stadt und Land), mit der Geschäftsführerin Stephanie Ritter und dem 2. Vorsitzenden Heinrich Stadelmaier.

Nach einer Schweigeminute aus Respekt gegenüber allen Opfern der NS-Gewaltherrschaft, nach welcher beim Zeitzeugengespräch im Jahr 2020 die damals teilnehmenden Personen noch neben der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, in welchem Abertausende von Menschen ermordet wurden, auch auf 75 Jahre Frieden in Europa zurückblicken durften (die längste Periode von Frieden und Stabilität in der Geschichte des Europäischen Kontinents, welche im zurückliegenden Jahr leider jäh beendet wurde), wandte sich Dr. Boris Zabarko nun an die Zuhörerinnen und Zuhörer im Auditorium Maximum „Hans Scholl“, denen er in gut zwei Stunden näherbrachte, basierend auch auf seinem eigenen Erlebten, welchem Terror die Menschen in der damaligen Ukraine während der Zeit des Nationalsozialismus ausgeliefert waren.

 Dr. Boris Zabarko mit dem Dolmetscher Matthias Kobro, der im Rahmen des Zeitzeugengespräches dessen Ausführungen für die Zuhörerinnen und Zuhörer in die deutsche Sprache übersetzt.

Eindringlich wandte er sich an das Auditorium mit dem Appell, die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen, damit es niemals wieder zu einer Wiederholung dieser Katastrophe kommen kann, die Millionen von Menschen das Leben kostete. Ermutigend forderte er die Anwesenden auf, sich dafür einzusetzen/dafür einzustehen, niemals wegzusehen/es niemals zuzulassen, dass es erneut zu einer derartigen Tragödie kommen kann, weswegen das Gedenken an die unzähligen Opfer der NS-Gewaltherrschaft und die Aufarbeitung der Geschichte eine immerwährende Verpflichtung ist und bleibt.

In diesem Zusammenhang wies der Historiker und Schriftsteller Dr. Boris Zabarko auch auf die alarmierenden Wissenslücken über den Holocaust auf den verschiedenen Kontinenten hin, denen unbedingt und ständig begegnet werden muss, wofür sich unter anderem auch sicher dessen rund 200 Bücher und Artikel hervorragend eignen, welche in den verschiedensten Ländern dieser Erde veröffentlicht wurden.

Diese Publikationen, die auf Berichten, Dokumenten und Zeugenaussagen von Überlebenden des Holocaust basieren (deren Sammlung sich Dr. Boris Zabarko zur Lebensaufgabe gemacht hat), geben einen Einblick darüber, was damals in der Ukraine und insbesondere an Orten wie Babi Jar, wo bei Massenerschießungen Tausende von Jüdinnen und Juden ermordet wurden, während dieser unsäglichen Epoche geschah. Das Publikationen des Shoah-Überlebenden Dr. Boris Zabarko auch in der deutschen Sprache erhältlich sind (Nur wir haben überlebt - Holocaust in der Ukraine - Zeugnisse und Dokumente, Leben und Tod in der Epoche des Holocaust in der Ukraine - Zeugnisse von Überlebenden, Überleben im Schatten des Todes - Holocaust in der Ukraine - Zeugnisse und Dokumente) ist dem Kölner Ehepaar Margret und Werner Müller zu verdanken, auf dessen beispielgebendes Engagement Dr. Boris Zabarko, der im Oktober 2009 für seine Arbeit mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet wurde, bei seinem Besuch in der Ernst-von-Bergmann-Kaserne immer wieder dankend verwies.

Zum Ende des Zeitzeugengespräches, bei welchem Dr. Boris Zabarko mit einem langandauernden Applaus für dessen Ausführungen gedankt wurde, folgte dann auch die unmissverständliche Botschaft, dass wir, jede/jeder Einzelne von uns, alles in unserer Macht Stehende dafür tun müssen, dass sich derartige dunkle Kapitel der Menschheitsgeschichte niemals wieder, nicht einmal im kleinsten Ansatz, wiederholen!

 Mitglieder des Pfadfinderstammes Sankt Severin aus Garching mit dem Leiter Niklas Kemper.

Lasst uns wachsam sein, lasst uns täglich dafür einstehen, sei es im Kampf/im Wirken gegen Antisemitismus, gegen Fremdenfeindlichkeit und gegen Rassismus, sei es im Kampf für Minderheitenrechte, sei es durch das Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne unseres Grundgesetzes, denn hierbei dürfen wir die Betroffenen nicht alleine lassen! Hierbei darf es keine Bequemlichkeit, keine Ignoranz, kein Nachlassen geben, weder jetzt, noch irgendwann!

Halten wir dagegen! Zeigen wir Solidarität! Es ist unsere oberste Pflicht! Diese Pflicht geht uns uneingeschränkt alle an!

Im Anschluss daran stand den Anwesenden jetzt noch ein Zeitfenster zur Verfügung, in welchem sie Fragen an Dr. Boris Zabarko richten konnten, was dankend angenommen wurde.

Dieser Rahmen erfuhr dann auch noch einen Synergieeffekt par excellence, indem er von Heinrich Stadelmaier in seiner bereits erwähnten Eigenschaft/Funktion für einen Aufruf insbesondere an die jungen Gäste genutzt wurde, die er geradezu euphorisch dazu einlud, doch eines der Bildungsangebote des Volksbundes in Anspruch zu nehmen, die allesamt den Wert von Menschenrechten, Demokratie und Frieden vermitteln und sich mit Extremismus, Nationalismus und Rassismus auseinander setzten, sei es in Workcamps, sei es in Begegnungs- und Bildungsstätten oder sei es bei den vielfältigen Projekten im In- und Ausland.

Nach den Worten des Dankes an alle, die zum Gelingen des Zeitzeugengespräches beigetragen haben (an dieser Stelle sei auch noch ganz besonders Matthias Kobro erwähnt, der als Dolmetscher über den gesamten Freitagvormittag hinweg Hervorragendes geleistet hat) und in der großen Hoffnung, dass wir auch in den kommenden Jahren noch Überlebende des Holocausts für weitere Zeitzeugengespräche gewinnen können, damit derart immens wichtige Veranstaltungen noch viele Wiederholungen erfahren dürfen, wurden noch alle Anwesenden gebeten, sich mittels Unterschrift an den Genesungswünschen für die im Oktober 2022 gesundheitlich angeschlagene Henriette Kretz zu beteiligen, welche die Gemeinschaft für die vorangegangenen Zeitzeugengespräche in den Jahren 2019 und 2020 (ebenfalls über Helga König) gewinnen konnte, woraus fünf mit Unterschriften versehene DIN A4 Seiten resultierten, die Henriette Kretz, verbunden mit den besten Wünschen zu deren 88. Geburtstag, per Post nach Antwerpen zugesandt wurden.

Text: Stefan Nüßle
Fotos: Xaver Hücherig

 

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