Europäische (Un)-Sicherheit. Wohin führt der Weg?
GKS / Kreis Fürstenfeldbruck / Roth
So lautete das Thema des Wochenendes des Kreises Fürstenfeldbruck der Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) vom 14. bis 16. Juni 2024 im Haus Zauberberg in Pfronten-Rehbichel.
Der GKS-Bereichsgeschäftsführer für Süddeutschland, Oberstabsfeldwebel d.R. Küttner ermöglichte dieses vermutlich letzte Themenwochenende des Standortes Fürstenfeldbruck (FFB), da im kommenden Jahr, mit Abzug fast aller Soldatinnen und Soldaten aus Fürstenfeldbruck, der GKS-Kreis in der jetzigen Form voraussichtlich nicht mehr Bestand haben kann. Knapp 50 Teilnehmende aus den Standorten FFB, München, Ummendorf, Stetten a.k.M, Lechfeld, Ingolstadt und Roth nutzten nochmal das Angebot, um sich dem interessanten Thema zu widmen, gute Gespräche zu führen und in der Gemeinschaft ein entspanntes Wochenende zu verbringen.
Als Referent für das komplexe und aktuelle Leitthema konnte Dipl.-Ing. Oberst a.D. Jörg Kunze im Auftrag der Hanns-Seidel-Stiftung gewonnen werden. Der Referent hatte bereits in früheren Vorträgen für die GKS sein umfassendes Wissen weitergegeben. Durch seine Verwendungen in der Bundeswehr, unter anderem am Europäischen Zentrum für Sicherheitsstudien, im BMVg und nicht zuletzt als Militärattaché im Iran, ist er ein sehr gefragter Referent in Sicherheits- und verteidigungspolitischen Themen.
Zunächst führte Oberst a.D. Kunze in das Thema ein, indem er die Europäische Union und ihre Instrumente vorstellte. Er legte dar, wie über das Machtdreieck aus EU-Parlament, EU-Kommission und EU-Rat für die Mitgliedsstaaten Beschlüsse gefasst und die Union geführt wird. Dass dieses komplizierte und vielschichtige Konstrukt in der derzeitigen unfriedlichen Lage nicht nur Vorteile bietet, verdeutlichte er anhand einige Karikaturen, die die Frage nach der wahren Führung in Europa und auch Europas Verteidigungsfähigkeit im Vergleich zu anderen Machtblöcken infrage stellte.
Im Hauptteil stellte der Referent die Bedeutung des russischen Angriffs auf die Ukraine für Europa, die Reaktion der Europäischen Union hierauf, die Inhalte des „Strategischen Kompass der EU“ und die Kooperation mit, beziehungsweise die Trennung zur NATO dar.
Im Wesentlichen wurde klar, dass ohne bedeutende Änderungen oder zumindest Anpassungen in der Europäischen Union, die vielseitigen politischen aber vor allem militärischen Herausforderungen nicht zu bewältigen sind. Anhand einiger Aussagen von wichtigen europäischen Politikern wurde der Eindruck vermittelt, dass zumindest im politischen Europa die Zeichen der Zeit erkannt wurden.
Der Referent führte als pragmatisches Beispiel den französischen Präsidenten Macron mit einem Auszug aus einer Rede vom April 2024 an: „Die Ära, in der Europa Energie und Düngemittel aus Russland bezog, in China produzieren ließ und die Sicherheit an die USA delegierte, ist vorbei!“ Zudem hätten die jüngsten Kriege, speziell der Ukrainekrieg, die internationalen Konfliktmanagementmechanismen aus den Zeiten des Kalten Krieges (UN Sicherheitsrat, UN Menschenrechtscharta) ad absurdum geführt, da sie aufgrund ihrer Besetzung und der Einstimmigkeit quasi nicht mehr beschlussfähig sind und sich die autokratischen Machthaber nicht mehr an die Regeln gebunden fühlen.
Oberst Kunze stellte als einen weiteren Baustein der zukünftigen EU-Ausrichtung den „Strategische Kompass“ vor. Dieser solle im nächsten Jahrzehnt für mehr Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit in Europa sorgen. Dessen Inhalt sind: das Handeln vor Ort, sichern der Bevölkerung gegen alle Arten von Bedrohungen, investieren (in Bewaffnung, Militärindustrie und EU-gemeinsame Waffensysteme) und der Ausbau von Partnerschaften wie der NATO, OSZE oder der Afrikanischen Union.
Der Referent führte jedoch auch gleich die momentanen Herausforderungen des „Strategischen Kompass der EU“ an: politischer Wille, Einstimmigkeit oder Mehrheitsstimmrecht, Überinstitutionalisierung und Verantwortungsdiffusion, nukleare Abschreckung/nuklearer Schutz.
Als anschauliches Negativbeispiel stellte Oberst a.D. Kunze zuletzt die Evakuierungsmission von EU Staatsbürger aus dem Sudan aus 2023 vor. Hierbei wurden z.B. keine Absprachen, keine gemeinsame Durchführung, keine einheitliche Führung (die EU hat kein operationsfähiges Headquarter, das auch zukünftig Operationen oder Einsätze leiten könnte), keine Bündelung von Ressourcen vorgenommen. Obwohl es mit dem EATC (EU-Transportkommando für Lufttransport und Luftbetankung) seit Jahren eine funktionierende EU-Komponente gäbe. Kleine Ansätze sind gemacht, große stehen der EU noch bevor.
Wenn die EU diese Herausforderung nicht kurzfristig abstellen kann, wird aus dem „Strategischen Kompass“ lediglich ein Windspiel, so der Referent.
Als zweiten thematischen Teil wurde aufgrund der bevorstehenden Änderungen am Standort FFB, den GKS-Mitgliedern die Zukunft und die Optionen einer neuen Zuordnung zu anderen Standorten erklärt. Hierzu stellte OTL Hermann Hofer, der GKS-Kreisvorsitzende von Ingolstadt, welcher zugleich auch Ansprechpartner für den Kreis FFB ist, die Kreise und deren Vorsitzende anhand einer Präsentation und mithilfe des Internetauftritts der GKS vor. Er erläuterte die Optionen der GKS Mitglieder aus Fürstenfeldbruck, welche sich nun nach ihrer Präferenz anderen Kreises zuordnen lassen können. Die GKS ist bemüht und zuversichtlich, dass mit dem Umzug der Offiziersschule nach Roth sich dort zeitnah ein neuer GKS Kreis bilden wird.
Die Kinderbetreuung welche von der FGKS gesponsert wurde lag in den altbewährten Händen von Frau Monika Küttner, Lena Lipp und Alina Biebel.
Als geistiger Beirat begleitete dieses GKS-Themenwochenende der katholische Militärpfarrer aus dem Standort Roth, Militärpfarrer Juri Kuliievych. Er zelebrierte am Sonntag auch den Gottesdienst in der Hauskapelle des Kolpinghauses.
Der GKS-Kreis Fürstenfeldbruck bedankt sich bei allen Unterstützerinnen und Unterstützern für viel Jahre Treue und Beistand.
Text: Hofer